>> Warum wurde Jesus zum Tode verurteilt und gekreuzigt?

 

>> Der Kreuzestod Jesu in seiner erlösenden Wirkung (M.Hanglberger)

 

>> „Erlösung“ – wovon? wodurch? (M.Hanglberger)

 

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Wie steht Gott zur Schuld des Menschen?
(Aus: Ich bin schuld! Der sinnvolle Umgang mit Schuldgefühlen, M.Hanglberger, Verlag Pustet, Regensburg)

 

Das entscheidende Problem bei diesem religiösen Verständnis von Schuld besteht darin, dass Schuld und Sünde als etwas betrachtet werden, das den Menschen von Gott trennt.
Vgl. „Präfation für Sonntage VIII.“ im Messbuch der Kath. Kirche S. 412:
„Die Sünde hatte die Menschen von dir (Gott) getrennt

Von Gott getrennt zu sein aber bedeutet, vom „Heil“, vom „Guten“ und von einem ewigen Leben ausgeschlossen zu sein, bedeutet also „verloren“ zu sein. Umgekehrt bedeutet demgegenüber Versöhnung mit Gott: „Rettung“ zu finden, wieder in der Gnade Gottes zu stehen, wieder mit ihm verbunden zu sein. Aber wenn ein menschliches Fehlverhalten nicht nur ein Beziehungsproblem mit den Menschen zur Wirkung hat, sondern als „Sünde“ zwischen Heil und Unheil entscheidet, zwischen Zugehörigkeit zu Gott oder Nicht-Zugehörigkeit zu Gott, zwischen Verworfensein und Gerettetsein, dann kommt eine unverhältnismäßige Dramatik in jedes menschliche Handeln hinein, das ja immer von der Möglichkeit des Fehlverhaltens und damit von Sündhaftigkeit bedroht ist. In traditionellen religiösen Vorstellungen der katholischen Kirche werden z.B. Empfängnisverhütung mit künstlichen Mitteln, vorehelicher Sexualverkehr oder der Nicht-Besuch des Sonntagsgottesdienstes als schwere Sünden betrachtet und können damit in der Bewertung durch die Kirche ein Grund sein für solches „Verworfen-Sein“ durch Gott.

Im Widerspruch zu solchen Vorstellungen wird in den Evangelien erzählt, dass Jesus auch mit so genannten Sündern und solchen, die in den Augen der frommen Juden als von Gott verworfen gelten, Kontakt hatte und dies große Entrüstung hervorrief. „Ich bin gekommen, Sünder zu berufen“, sagte Jesus und machte damit deutlich, dass solche Menschen in seinen Augen nicht von Gott verworfen sind, dass Gott auch vielmehr ihnen nahe ist und sie ihm ein Anliegen sind. Und Jesus bringt an dieser Stelle eine neue Definition des in der Sünde gefangenen Menschen, die in allen drei synoptischen Evangelien überliefert wird (Mt 9,12; Mk 2,17; Lk 5,31): „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken“. Der sündige Mensch, der anderen zum Ärgernis und zur Last wird, der andere verletzt und schädigt, wird selbst als ein leidender Mensch wahrgenommen und dargestellt.

Die verletzte Seele, die heute die moderne Psychologie bei schwierigen und gewalttätigen Menschen festzustellen vermag, hat Jesus vor 2000 Jahren bereits erkannt und wusste, dass diese Menschen Hilfe durch Heilung ihrer Seelen brauchen.

Sünde versteht Jesus hier also nicht als einen Ausdruck von Bosheit, von Egoismus oder von Ungehorsam gegen Gott,
sondern als ein Symptom für die Krankheit der Seele, die der Heilung und damit der Hilfe eines spirituellen Seelenarztes bedarf.

So wie Jesus sich in besonderer Weise den körperlich kranken Menschen zuwendet, gilt in derselben Weise seine Zuwendung auch den seelisch kranken Menschen, die von den anderen als „Sünder“ bezeichnet werden. Die Zuwendung Gottes zum sündigen Menschen wird von Jesus geradezu dramatisch in den Gleichnissen vom „verlorenen Schaf“ und vom „verlorenen Sohn“ dargestellt. Immer geht es um Heilung, um Rettung und Versöhnung. So wie die Kirche viele Jahrhunderte die seelischen Dimensionen der körperlichen Krankheiten trotz Betreibung zahlreicher Krankenhäuser nicht mehr wahrgenommen und behandelt hat, so hat sie auch die seelischen Krankheitsphänomene bei Schuldproblemen nicht wahrgenommen und behandelt. Hier ist Handlungsbedarf gegeben.

Im Verhalten und in der Botschaft Jesu wird sichtbar, dass von der Seite Gottes her betrachtet, die Sünde des Menschen ihn nicht von Gott trennt, dass sich Gott nicht von ihm abwendet, auch wenn der Mensch sich vielleicht von ihm abwenden sollte. Aber viele Menschen haben gar nicht die Absicht, sich von Gott abzuwenden, wenn sie sündigen.

Durch Jesus wird eine völlig andere Beziehung zwischen Gott und dem sündigen Menschen dargestellt:

Bei Jesus steht Gott nicht dem sündigen Menschen gegenüber, während die Sünde trennend zwischen ihnen liegt,
sondern Gott steht auf der Seite des Sünders und will ihm helfen,
aus seinen Schuldproblemen im Netzwerk des menschlichen Daseins wieder herauszukommen und
zu einem friedlichen und liebevollen Leben zu finden,
zu entdecken, wie es trotz seiner Schuld für ihn und für die Opfer seiner Schuld wieder gut weitergehen kann.

Im Alten Testament glaubten die Menschen: „Vor dir (,o Gott,) allein habe ich gesündigt“ (Ps 51,6), weil sie in dem Glauben lebten, Gebote zu übertreten, die sie unmittelbar von Gott eingesetzt sahen. Entsprechend war der alttestamentlich-gläubige Mensch überzeugt, dass jedes Fehlverhalten eine Missachtung des göttlichen Willens und so gewissermaßen eine Provokation und Beleidigung Gottes sei. Ja noch in meiner Kindheit war im Religionsunterricht zu hören, dass wir Kinder mit unseren Sünden Jesus mit ans Kreuz geschlagen hätten und ihm auch jetzt noch mit unseren Sünden entsprechende Schmerzen zufügen würden.

Aber es gibt auch schon im Alten Testament eine andere Sicht von Schuld. Obwohl dort nicht selten gesagt wird, dass Gott jene, die sündigen, der Vernichtung preisgeben werde, werden manche große Gestalten in diesen Texten, die als herausragende Vorbilder des Glaubens gelten, auch als schwere Sünder dargestellt: Jakob, der seinen Vater Isaak belügt und betrügt, dann die Brüder Josefs, die diesen in die Sklaverei verkaufen und ihrem Vater sagen, ein wildes Tier habe ihn getötet, und König David, der die Frau des Soldaten Urija verführt und ihn selbst durch eine militärische Manipulation töten lässt, sind bedeutende Beispiele dafür, dass diese Menschen einen Weg der Läuterung und der seelischen Reifung gehen und so später aus ihrer Schuld Positives entsteht.
So wird Gott als der dargestellt, der durch die Schuld der Menschen hindurch wieder Zukunft eröffnet und das Negative des Menschen in Positives verwandeln kann.
Gerade diese Aspekte des biblischen Schuldverständnisses haben sich in der heutigen Beichtpastoral der Kirche aber nicht durchgesetzt. Anders die auch im Alten Testament bereits vorhandene Sicht, dass Gott auch den sündigen Menschen nicht fallen lässt. Dies gilt bereits für den Brudermörder Kain und später vielfältig für das Volk Israel als Ganzes.

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